Innovationen in der Hochtechnologie, wie beispielsweise im Bereich Künstliche Intelligenz, Quantentechnologie oder Biotechnologie, bestimmen den aktuellen gesellschaftlichen Wandel. Doch derzeit werden sie überwiegend von Männern geprägt – beziehungsweise sind Männer mit ihren Innovationen sichtbarer, beispielweise in der Öffentlichkeit, als Unternehmer und Wissenschaftler. Damit weibliche Perspektiven bei der Entwicklung und Anwendung von Innovationen stärker berücksichtigt werden, ist eine erhöhte Sichtbarkeit von Frauen in der Branche von großer Bedeutung. Nur so können sie ihre Expertise einbringen, Einfluss auf den gesellschaftlichen Wandel nehmen und als Vorbilder wirken.
Hier setzt das Projekt SeeHerTech aus der Förderrichtlinie "Innovative Frauen im Fokus" vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) an. Es will Unternehmerinnen und Wissenschaftlerinnen in der Hochtechnologiebranche darin unterstützen, ihre eigene Sichtbarkeit gezielt zu gestalten – und berücksichtigt dabei die spezifischen Herausforderungen für Frauen, beispielsweise aufgrund von Stereotypen und Vorurteilen. Dafür entwickelt das Projekt ein KI-gestütztes Tool, mit dem individuelle, wissenschaftlich fundierte Kommunikationsstrategien erarbeitet werden können. Grundlage dafür sind Untersuchungen zur Selbst- und Fremdwahrnehmung sichtbarer, und weniger sichtbarer, Frauen in der Branche. meta-IFiF hat dem Projektteam drei Fragen gestellt, um mehr über die Forschung und das geplante Tool "SeeMyTech" zu erfahren.
Was treibt Innovatorinnen in der Hochtechnologiebranche an, sichtbar zu sein?
Unsere Interviews zeigen: die Motive für Sichtbarkeit können sehr unterschiedlich sein. In den Perspektiven von Unternehmerinnen und Wissenschaftlerinnen stellen wir Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede fest. Austausch und Vernetzung mit relevanten Zielgruppen (z.B. die Fachcommunity, Investor*innen oder potenzielle Mitarbeiter*innen) ist für beide Gruppen zentral. Ebenso nennen beide die eigene Vorbildfunktion (z.B. für Schülerinnen, Frauen) oder die Förderung gesellschaftlich relevanter Themen. Gründerinnen motiviert darüber hinaus die Marken-Präsenz ihrer Unternehmen während Wissenschaftlerinnen auf die Information der Öffentlichkeit als zentrale Aufgabe verweisen.
Was macht Wissenschaftskommunikation für Frauen in einem männlich geprägten Umfeld wie der Hochtechnologiebranche besonders herausfordernd?
In der Hochtechnologiebranche ist erfolgreich zu sein mit männlichen Stereotypen besetzt. Die Assoziation „Think Scientist, Think Male“ ist v.a. in technologieorientierten Branchen stark ausgeprägt. Solche Stereotype können zur Folge haben, dass Frauen weniger passend für entsprechende Rollen wahrgenommen werden – und wenn sie ihre Expertise in den Bereichen kommunizieren, weniger ernst genommen oder negativ wahrgenommen werden. In der vorherrschenden „Masculinity Culture“ ist es für (cis) Männer nach wie vor einfacher als für Frauen als „legitime Wissenschaftler“ und „legitime Unternehmer“, passend zu den in der Gesellschaft verankerten Vorstellungen, wahrgenommen zu werden.
Sie planen die Entwicklung des Tools "SeeMyTech“. Was genau soll es leisten?
Mit SeeMyTech möchten wir unsere Forschung für Innovatorinnen nutzbar machen – und die Entwicklung individueller Kommunikationsstrategien unterstützen. SeeMyTech soll Wege und Ressourcen aufzeigen und dabei individuelle Ziele und Motive berücksichtigen. Das Tool soll helfen, Strategien für eine erhöhte Sichtbarkeit zu entwickeln und ermöglichen, neue Räume der Sichtbarkeit zu erschließen. Dabei stehen eigene Werkzeuge ebenso im Vordergrund wie (z.B.) Netzwerke, Medien und Verantwortung in der Öffentlichkeitsarbeit. In Zusammenarbeit mit Expertinnen aus Forschung und Praxis möchten wir Lücken in der Infrastruktur zur Unterstützung von Frauen in der Hochtechnologiebranche schließen.