IFiF-Projekte

Gefühlt unpassend? Misfit in der Philosophie

Bildersturm

Im Rahmen der IFiF-Impulse-Reihe erläuterte Arian Leopold psychologische Ursachen, die für die Unterrepräsentation von Frauen in männlich-stereotypisierten Disziplinen verantwortlich sind.

Der IFiF-Impulse-Online-Vortrag wurde aufgezeichnet, hier geht es direkt zur Aufzeichnung www.youtube.com

Arian Leopold von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) startete seinen Vortrag mit einem Überblick über das interdisziplinäre Forschungsprojekt Bildersturm. Das Projekt ist aufgeteilt in fünf Teilprojekte, was es dem Projekt ermöglicht, an vielen Stellschrauben zu drehen, um Frauen in der Philosophie sichtbar zu machen und neue Vorbilder zu etablieren.  

Im Fokus des Vortrags stand das Teilprojekt "Stereotype über Philosoph:innen - Interventionen und Erfassung (SOPH:IE)", in dem mit empirischen Methoden psychologische Ursachen für die Unterrepräsentation von Frauen in der Philosophie erforscht werden. 

Leaky Pipeline und horizontale Gendersegregation  

Anhand von Zahlen zur akademischen Laufbahn zeigte Leopold, dass der Frauenanteil in der Philosophie mit jeder Karrierestufe sinkt. Obwohl die Philosophie zu den Geisteswissenschaften zählt, ist sie diesbezüglich mit den MINT-Disziplinen vergleichbar. Der größte Rückgang des Frauenanteils findet zwischen dem Beginn des Studiums und der Promotion statt. 

Leaky Pipeline_Bildersturm

Psychologische Ursachen – Lack of Fit 

Als eine mögliche Erklärung dafür wurde im Projekt die Gender Stereotype Hypothese herangezogen. Diese besagt, dass das Stereotyp über Philosoph*innen männlich ist und Frauen diesbezüglich einen Misfit wahrnehmen. In Zusammenhang mit diesen Stereotypen sind agentische Attribute (Kompetenz, Entschlossenheit, Ehrgeiz) und kommunale Attribute (Freundlichkeit, Fairness, Empathie) besonders wichtig. 

Ausgehend davon wurde im Projekt das Lack of Fit Modell aus Selbstperspektive in Anlehnung an das klassische Lack of Fit Modell von Heilman1 entwickelt. Es beschreibt, wie sich die Selbst- und Fremdwahrnehmung der agentischen und kommunalen Eigenschaften – etwa zwischen der eigenen Selbstwahrnehmung (eher kommunal) und dem Bild von Philosoph*innen (eher agentisch) – negativ auf das Zugehörigkeitsgefühl, das Engagement und die Studienabsichten auswirken können. 

Hypothesen und empirische Ergebnisse  

Arian Leopold präsentierte anschließend die Fragestellungen mit den zugehörigen Hypothesen, die im Projekt überprüft wurden: 

1. Wie ist das Stereotyp von Philosoph*innen? 

Hypothese: Es ist männlich und eher agentisch als kommunal.

2. Gibt es Geschlechtsunterschiede im wahrgenommenen Misfit zum Stereotyp von Philosoph*innen? 

Hypothese: Frauen zeigen einen höheren Misfit als ihre männlichen Peers.

3. Was sind die Folgen eines wahrgenommenen Misfits

Hypothese: Personen, die sich weniger passend wahrnehmen, verlassen eher die Philosophie.

Zur Überprüfung wurden Befragungen mit folgenden Personenkreisen durchgeführt: (1) mit Personen ohne Bezug zu Philosophie (N = 530, Geschlecht = 51% weiblich), (2) mit Philosophie-Studierenden (N = 178, Geschlecht = 63,5% weiblich) und (3) mit Schüler*innen im Philosophieunterricht (N = 523, Geschlecht = 56,4% weiblich). → Die Ergebnisse bestätigten alle drei Hypothesen.

Übertragbarkeit auf andere Disziplinen 

Abschließend betonte Arian Leopold die Übertragbarkeit des entwickelten Modells auf andere Disziplinen – sowohl auf männlich-stereotypisierte MINT-Fächer als auch auf Fächer, in denen Männer unterrepräsentiert sind, etwa das Grundschullehramt oder die Pflege. Auch auf die Wissenschaft insgesamt lassen sich die Erkenntnisse anwenden, da auch das Bild von "der Wissenschaft" häufig mit männlich konnotierten Eigenschaften verknüpft ist. 

Sie möchten mehr über das Forschungssample und die Datenerhebung erfahren?

Die Aufzeichnung des Vortrags ist jederzeit auf youtube abrufbar