Geschlechterdiversität in der ökologischen Transformation
GREENIm Rahmen der IFiF-Impulse-Reihe erläuterte Lukas Schmidt anhand von Forschungsergebnissen aus dem IFiF-Projekt GREEN, wie die Vielfalt von Perspektiven die ökologische Transformation bereichert.
Lukas Schmidt startete seinen Vortrag mit einer Vorstellung der drei Forschungsschwerpunkte, die es im IFiF-Projekt „GREEN – Gender-Research in Ecological Economics Network“ gibt:
Geschlechterdiversität in Unternehmen
Geschlechterdiversität in nationalen Parlamenten
Investor*innengeschlecht und Startup-Finanzierung
Forschungsschwerpunkt 1: Geschlechterdiversität in Unternehmen
In diesem Forschungsschwerpunkt wird der Zusammenhang zwischen Geschlechterdiversität in Unternehmensführungen (Board Gender Diversity) und der ökologischen Nachhaltigkeit von Unternehmen (Corporate Environmental Responsibility) untersucht. Grundlage ist eine systematische Literaturstudie, in der alle relevanten Studien seit dem Jahr 2000 ausgewertet werden.
Lukas Schmidt stellte die vier Theorien vor, die hauptsächlich in der Literatur genutzt werden, um zu erklären, warum durch mehr Frauen in Führungspositionen Umweltthemen eine stärkere Rolle spielen: Die Agency Theory geht davon aus, dass Frauen in Führungsgremien Kontrollmechanismen stärken und opportunistisches Verhalten reduzieren. Die Resource Dependence Theory betont, dass genderdiverse Boards mehr Wissen und vielfältigere Netzwerke in Entscheidungen einbringen. Die Gender Socialization Theory/Stakeholder Theory geht davon aus, dass Frauen risikosensibler, umweltbewusster und stärker stakeholderorientiert sozialisiert sind. Auch häufig in den Studien verwendet wird die Institutional/Legitimacy Theory. Damit wird erklärt, dass Unternehmen mit mehr Genderdiversität auf externe Erwartungen, beispielsweise von der Gesellschaft oder von Investor*innen reagieren und damit die Legitimität dess Unternehmens erhöhen.
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass genderdiverse Boards ab einem Schwellenwert von etwa 20 – 40 % Frauenanteil messbare Wirkungen entfalten.
Welche Implikationen ergeben sich aus den Ergebnissen? Für die Politik: Maßnahmen wie Quoten erhöhen langfristig die Repräsentanz von Frauen und können Nachhaltigkeitsergebnisse verbessern. Für Unternehmen: genderdiverse Boards sind besser in Risikomanagement, Innovation und ESG-Governance, was letztlich auch die finanzielle Performance verbessert. Markt- und Investorenimplikation: diversere Unternehmensführungen führen zu transparenterer Berichterstattung und höherer ESG-Qualität, was Reputation stärkt und rechtliche Risiken senkt. Gesellschaft: Frauen auf Boards fördern die Biodiversität, die Energiewende und die Umsetzung zahlreicher SDGs (Social Development Goals).
Forschungsschwerpunkt II: Geschlechterdiversität in nationalen Parlamenten
Hier wird untersucht, wie Geschlechterdiversität in nationalen Parlamenten politische Entscheidungen, insbesondere die Einführung von Umweltsteuern, beeinflusst. Die theoretische Grundlage bildet die Gender Socialization Theory, die nahelegt, dass Frauen durch Sozialisationsprozesse stärker langfristig orientierte und gemeinschaftsorientierte soziale Werte entwickeln.
Die Ergebnisse zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen Geschlechterdiversität und der Wahrscheinlichkeit, Umweltsteuern einzuführen. Besonders deutlich wird dies für Länder, in denen der Frauenanteil im Parlament zwischen 20 % und 40 % liegt – hier zeigt sich ein positiv signifikanter Effekt. In Ländern mit sehr niedrigem Frauenanteil zeigt sich hingegen kein signifikanter Effekt, was die Annahme der Critical Mass Theory stützt: Eine gewisse Anzahl weiblicher Personen ist notwendig, damit Gender Diversity in nationalen Parlamenten einen Effekt haben kann.
Insgesamt verdeutlichen die Ergebnisse, dass Geschlechterdiversität auf Parlamentsebene nachhaltige politische Maßnahmen, wie beispielsweise Umweltsteuern, fördern kann. Damit liefert das Projekt auch Argumente für Maßnahmen zur Erhöhung weiblicher Repräsentanz, wie Quotenregelungen.
Forschungsschwerpunkt III: Investor*innengeschlecht und Startup-Finanzierung
Im Forschungsprojekt III des Projekts GREEN wird untersucht, ob das Geschlecht von Business Angels, also Einzelpersonen, die in Startups investieren, beeinflusst, in welche Startups sie investieren. Analysiert wurden über 16.500 Einzelinvestitionen in Deutschland zwischen 2020 und 2024. Das Projekt stützt sich auf zwei Theorieansätze: Die Homophilie-Theorie geht davon aus, dass Menschen Personen bevorzugen, die ihnen ähneln. Die Theorie der Geschlechtersozialisierung legt nahe, dass Frauen aufgrund einer stärker gemeinwohl- und nachhaltigkeitsorientierten Sozialisierung möglicherweise häufiger in grüne Startups investieren.
Vor diesem Hintergrund untersucht das Projekt zwei Fragen: Erstens, ob sich weibliche und männliche Business Angels in der Wahrscheinlichkeit unterscheiden, in Startups mit Gründerinnen zu investieren. Und zweitens, ob Investorinnen eher in grüne Startups investieren als Investoren.
Die Ergebnisse zeigen einen klaren Homophilie-Effekt: Investorinnen investieren häufiger in Startups mit Gründerinnen und seltener in rein männlich gegründete Startups. Einen eigenständigen Effekt für grüne Startups konnten die Analysen nicht bestätigen.
Kommunikationsstrategie des IFiF-Projekts GREEN
Zum Abschluss richtete Lukas Schmidt den Blick von der Forschung hin zur Kommunikationsstrategie des Projekts: GREEN möchte wissenschaftliche Erkenntnisse nicht nur produzieren, sondern auch sichtbar machen. Dazu werden regelmäßig Social-Media-Beiträge gepostet. Beispielsweise in der Beitragsreihe „GREEN Insights – Wissenschaft verständlich gemacht“. In diesem Format werden wissenschaftliche Publikationen klar und verständlich aufbereitet. Weitere Formate sind die Reihen „GREEN Startups – Frauen GRÜNden“, in der ab Januar wöchentlich ein Startup und eine grüne Gründerin vorgestellt wird sowie der „GREEN-Adventskalender“, der im Dezember täglich zu Themen aus dem Bereich Gender und Nachhaltigkeit informiert.