Warum entscheiden sich manche Schülerinnen gegen ein Hochschulstudium? In einer gerade erschienenen Studie untersuchen Melinda Erdmann (WZB), Marcel Helbig (WZB) und Marita Jacob (Universität zu Köln) die geschlechtsspezifische Diskrepanz bei den Hochschulambitionen und den dann erfolgten Einschreibungen zum Studium von Gymnasiast*innen in Deutschland. Ziel ist es zu verstehen, warum es Unterschiede zwischen jungen Männern und Frauen in ihren idealistischen Studienwünschen und bei den realen Erwartungen gibt. Ein Ergebnis: Die formalen Einschränkungen bevorzugter Studienfächer machen den jungen Frauen zu schaffen.

In vielen Industrieländern hat die Beteiligung von Frauen an der Hochschulbildung deutlich zugenommen. Studien zeigen: Frauen erbringen oft bessere akademische Leistungen als Männer, entscheiden sich für anspruchsvollere Bildungswege und haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, an einer Universität zugelassen zu werden. In einigen Ländern wie Österreich, Deutschland, Italien, Polen und der Schweiz entscheiden sich jedoch einige Frauen, die eigentlich für ein Studium in Frage kommen, gegen eine Hochschulausbildung. Die Studie "Lost Female Talent: Gender Differences in College Aspirations and Expectations in Germany" zielt darauf ab, zu verstehen, warum talentierte Schülerinnen der Sekundarstufe II sich gegen ein Hochschulstudium entscheiden.

Die Forscher*innen befragten 1.766 Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II und stellten fest, dass junge Frauen und Männer in Deutschland gleichermaßen Interesse an einem Hochschulstudium zeigen; Schülerinnen äußern sogar häufiger als Schüler den Wunsch nach einem Hochschulstudium. Allerdings sind Frauen pessimistischer als Männer, was die tatsächliche Verwirklichung ihrer Studienziele angeht. Beide Geschlechter werden von Faktoren wie der wahrgenommenen Erfolgswahrscheinlichkeit und den Kosten, die ein Studium mit sich bringt, beeinflusst. Junge Frauen sind aber zusätzlich von formalen Einschränkungen betroffen, die den Zugang zu den von ihnen bevorzugten Studienfächern schwieriger machen. Dieser eingeschränkte Zugang zu begehrten Studienfächern wie Medizin oder Psychologie mit ihren anspruchsvollen Zulassungskriterien stellt für Frauen ein erhebliches Hindernis da, ein Studium auch aufzunehmen.

Die Forscher*innen raten daher, Initiativen zu bilden, um sowohl junge Frauen als auch Männer bei der Verfolgung ihrer Ziele zu unterstützen, um das Phänomen der "verlorenen Talente" auf dem Weg von der Schule zur Universität zu verhindern.

Die Studie “Lost Female Talent: Gender Differences in College Aspirations and Expectations in Germany” von Melinda Erdmann, Marcel Helbig, and Marita Jacob ist als Discussion Paper erschienen und kann hier auf der Website des WZB heruntergeladen werden.

Quelle: www.wzb.eu/de/news/huerden-fuer-weibliche-talente