meta-IFiF

Vorbilder schaffen, Netzwerke stärken, Strukturen verändern

Wie kann die Sichtbarkeit innovativer Frauen in MINT-Fächern und -Berufen erhöht werden? meta-IFiF zeigt inspirierende Beispiele aus der Praxis.

Vor rund 40 Jahren setzte eine Gruppe engagierter Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen erste Impulse für mehr Sichtbarkeit von Frauen in MINT: Unter dem Motto "Frau + Technik" organisierten die Ingenieurin Barbara Leyendecker (Deutscher Akademikerinnenbund) und ihre rund 50 Mitstreiterinnen auf der Hannover Messe 1988 einen Gemeinschaftsstand und leisteten damit Pionierinnenarbeit. In der männlich dominierten Technikwelt (der Frauenanteil in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen lag zwischen 2 und 10 %) wollten sie der Öffentlichkeit zeigen: Uns gibt es. Und sie wollten Vorbilder für junge Frauen und Mädchen sein. Schon damals rückten die Frauen auch strukturelle Barrieren in den Fokus: Mit ihrem "Forderungskatalog zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie" machten sie ein Thema sichtbar, das bis heute nichts an Aktualität verloren hat. Der Stand stieß auf große Resonanz bei Besucher*innen, Medien und Politik und wurde zum Ausgangspunkt zahlreicher weiterer Initiativen zur Förderung von Frauen in MINT.1

Seitdem hat sich vieles bewegt – doch zentrale Herausforderungen bleiben: Der Frauenanteil in MINT-Studiengängen liegt heute bei rund einem Drittel, in technischen Fächern und der Informatik deutlich darunter. Bei MINT-Professuren liegt der Frauenanteil nur bei 18,5 % und unter allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in MINT-Berufen sind nur 17,8 % Frauen.

Zu den Daten und Fakten zum Frauenanteil in MINT-Fächern an Hochschulen und in MINT-Berufen im meta-IFiF-Infopool

Sichtbarkeit für innovative Frauen in MINT – Gute Beispiele aus Wirtschaft und Wissenschaft

Um die Gleichstellung der Geschlechter in MINT-Berufen voranzutreiben, bleibt Sichtbarkeit ein zentraler Hebel: Sie schafft Anerkennung, motiviert, inspiriert und sensibilisiert für geschlechtsspezifische Barrieren. Neun Projekte aus der BMFTR-Förderrichtlinie "Innovative Frauen im Fokus" arbeiten gezielt daran, die Sichtbarkeit innovativer Frauen im MINT-Bereich zu erhöhen und strukturell zu verankern. Ob im Bereich KI, bei nachhaltigen Innovationen, der Energiewende, der Natur- und Infektionsforschung, den Quantentechnologien oder dem Bauingenieurwesen – die Projekte zeigen die vielfältigen Möglichkeiten für Frauen in MINT-Berufen, machen Frauen und ihre Leistungen in diesen Bereichen sichtbar, schaffen wichtige weibliche Role Models und erforschen die Gründe für die Unsichtbarkeit von Frauen.

Mehr zum Vorgehen der IFiF-Projekte

Auch außerhalb der Förderrichtlinie setzen sich Akteur*innen an Hochschulen, außerhochschulischen Forschungseinrichtungen, in Unternehmen und Netzwerken für mehr Sichtbarkeit von Frauen in MINT ein. Im meta-IFiF-Infopool finden Sie eine Zusammenstellung von Sichtbarkeitsmaßnahmen im MINT-Bereich, darunter Expertinnenportale, Umsetzungsmaßnahmen, Forschungsprojekte, Preise und Netzwerke. Eine Auswahl guter Beispiele aus der Praxis:  

Role Models in MINT sichtbar machen

Das VDI-Netzwerk "Frauen im Ingenieurberuf" setzt sich für die Sichtbarkeit und Repräsentanz von Frauen im Ingenieurberuf ein. Im Rahmen des VDI-WoMentorING-Programms werden junge Ingenieurinnen durch berufserfahrene Mentorinnen begleitet, die ihrerseits von Weiterbildungs- und Vernetzungsangeboten profitieren. Die Social-Media-Reihe "Ingenieurin der Woche" zeigt mit wöchentlichen Kurzporträts von VDI-Ingenieurinnen die Vielfalt der Branche und bietet Inspiration für junge Frauen.

ArchitektINNENwelten und IngenieurINNENwelten: Das Gleichstellungsbüro der FH Aachen organisiert in Kooperation mit verschiedenen Fachbereichen Vortragsreihen, in denen Studentinnen in Kontakt mit Role Models aus dem MINT-Bereich kommen. Die Referentinnen sprechen vor Ort und/oder online über ihre individuellen Karrierewege, über Herausforderungen und Chancen im Arbeitsalltag, teilen praxisnahe Ratschläge und gehen in den Austausch mit den Teilnehmenden.

Strukturen verändern für mehr Sichtbarkeit

Das Strategieteam SAP Women in Tech stärkt die Sichtbarkeit von Frauen in der Tech-Branche, indem für Mitarbeiterinnen gezielt Möglichkeiten geschaffen werden, öffentliches Auftreten und Reden zu üben und die eigene Expertise sichtbar zu machen. Durch Kooperationen mit anderen SAP-Teams und externe Netzwerkpartner stärkt "SAP Women in Tech" die Präsenz von Tech-Frauen auf öffentlichen Bühnen.

Das Netzwerk JuWinHPC (Jülich Women in HPC) am Jülich Supercomputing Centre erhöht die Sichtbarkeit von Expertinnen im High-Performance Computing und fördert durch Mentoring, Role Models und internationale Vernetzung ein inklusives Arbeitsumfeld – unterstützt vom Vorstand und unter aktiver Einbindung männlicher Allies.

Empowerment für Frauen in MINT

Das Technologieunternehmen Sopra Steria Deutschland stärkt die Sichtbarkeit und Karrierechancen von Frauen im Unternehmen durch gezielte Maßnahmen wie Mentoring-Programme, Coaching, Netzwerkveranstaltungen und interne Events. Mit Formaten wie dem "Female Talent Program", "Cross Mentoring" und regelmäßigen "Women Events" werden Mitarbeiterinnen in ihrer beruflichen Entwicklung unterstützt, auf Führungspositionen vorbereitet und vernetzt.

Curia (vormals Femtec.Alumnae e.V.) ist das größte Netzwerk für MINT-Frauen im deutschsprachigen Raum. Unter den Leitsätzen "Netzwerk leben. Karriere gestalten. Vorbild sein." setzt sich das Netzwerk mit vielfältigen Aktivitäten für die Gleichstellung von Frauen in MINT ein. Mentoring-Programme für Berufserfahrene und Berufsanfängerinnen, regelmäßige themenspezifische "Circles" und Seminare unterstützen die Mitglieder darin, ihre Karrieren selbstbestimmt zu gestalten und sich zu relevanten Themen weiterzubilden.

Nachhaltige Stärkung der Sichtbarkeit von Frauen in MINT

Mit dem BestChance-Preis zeichnet die Fraunhofer-Gesellschaft jährlich herausragende Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern an den Fraunhofer-Instituten aus. Der Preis macht Best Practices Fraunhofer-weit sichtbar, sensibilisiert für Gleichstellungspolitik und motiviert zur Nachahmung. Zu den Preiskriterien zählen u.a. eine nachweisbare Wirksamkeit und die Übertragbarkeit auf andere Institute. Damit trägt die Fraunhofer-Gesellschaft zur strukturellen und nachhaltigen Verankerung von Maßnahmen bei, die Frauen an einer der führenden Organisationen für anwendungsorientierte Forschung stärken und sichtbar machen.

Mit der Recruiting-Strategie Women@DB2035 verfolgt die Deutsche Bahn das Ziel, den Frauenanteil im gesamten Unternehmen zu stärken und bis 2035 in Führungspositionen auf 40 Prozent zu erhöhen. Die Wirksamkeit der Maßnahmen wird durch regelmäßige Berichte zur Einstellung von Frauen transparent nachvollzogen.

Das Netzwerk Frauen bei der Bahn wird aktiv vom Vorstand der Deutschen Bahn AG unterstützt. Durch die Einbindung von Führungskräften als Mentor*innen und Sponsor*innen sowie durch Kooperationen mit externen Partnern und Netzwerken wird eine langfristige und nachhaltige Wirkung gefördert.

Alle Sichtbarkeitsmaßnahmen für Frauen in MINT im meta-IFiF-Infopool

Grundlage für die Identifizierung von Best Practice sind die von meta-IFiF erarbeiteten Qualitätskriterien, die bei der Konzeption, Durchführung oder Bewertung von Maßnahmen zur Erhöhung der Sichtbarkeit innovativer Frauen helfen.

Quellen:
1 Ihsen, Susanne; Kampmann, Birgit & Mellies, Sabine (Hrsg.) (2011): ...und kein bisschen leise! Festschrift für Prof. Barbara Schwarze. LIT Verlag, Münster.